Warum darf ich nicht aussuchen, wem ich meine Organe spende?

Wenn ein Mensch stirbt und seine Organe zur Spende freigibt, rettet das oft mehrere Leben. Doch eine Frage taucht dabei immer wieder auf: Warum kann ich nicht selbst bestimmen, wer die Organe bekommt? Die Antwort liegt in der sogenannten Allokation – einem zentralen Prinzip der Gerechtigkeit und medizinischen Dringlichkeit bei der Organzuteilung. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Allokationsregeln es gibt, warum Organspende anonym erfolgt und ob ein Treffen mit dem Organspende-Empfänger möglich ist.

Kurz gefasst

  • Die Allokation der Organspende sorgt für eine gerechte Verteilung der Spenderorgane nach medizinischen Kriterien – unabhängig von persönlichen Wünschen.
  • Eine Organspende anonym zu halten, schützt Spenderfamilien sowie Empfängerinnen und Empfänger vor emotionaler Überforderung.
  • Die anonyme Lebendorganspende ist ein Sonderfall, der nur im Rahmen spezieller Programme zulässig ist.

Allokation der Organspende: Was bedeutet das?

Der Begriff Allokation im Kontext der Organspende beschreibt die strukturierte Verteilung von Spenderorganen an geeignete Empfängerinnen und Empfänger nach klaren gesetzlichen Vorgaben und medizinischen Kriterien. Zuständig für diesen Prozess ist in Deutschland die Stiftung Eurotransplant, die auch für sieben weitere europäische Länder zuständig ist. Zusammen bilden diese acht Länder den ET-Verbund innerhalb derer Organe, auch grenzüberschreitend, vermittelt werden. Etwa 14.000 Menschen stehen derzeit auf den Wartelisten des gesamten ET-Verbunds. Die Allokation erfolgt neutral und objektiv, um maximale Fairness und medizinischen Erfolg zu gewährleisten. Vier allgemeine Kriterien sind bei der Vermittlung von Bedeutung:

  • Dringlichkeit der Transplantation
  • Aussicht auf langfristigen Therapieerfolg
  • Wartezeit der Empfängerinnen und Empfänger
  • Organtauschbilanz zwischen den Ländern des ET-Verbunds

Die Entscheidung, wer ein Organ erhält, liegt also nicht bei den Spenderinnen und Spendern oder deren Angehörigen, sondern bei einem geregelten, solidarischen System. 

Warum ist die Organspende anonym?

Die Organspende anonym zu halten, ist gesetzlich vorgeschrieben. Nur so ist es möglich, sowohl Spenderfamilien als auch Empfängerinnen und Empfänger vor emotionalen Belastungen zu schützen. Die Anonymität dient dabei mehreren Zwecken:

  • Sie sichert eine neutrale Verteilung ohne Einfluss persönlicher Wünsche oder finanzieller Interessen.
  • Sie verhindert potenzielle Schuldgefühle oder moralischen Druck auf beiden Seiten.
  • Sie schützt die Menschenwürde, indem sie die Organspende als solidarischen Akt der Allgemeinheit versteht.
  • Sie ermöglicht eine klare, professionelle medizinische und rechtliche Kommunikation ohne persönliche Verstrickung.

Damit bildet die Anonymität einen zentralen Pfeiler, um Organspende als einen fairen und verantwortungsvoll gestalteten Prozess zu gewährleisten.

Warum kann ich nicht bestimmen, wer mein Organ bekommt?

Hinter dieser Frage steckt oft ein tiefes Bedürfnis nach Mitgestaltung oder ein persönliches Motiv: zum Beispiel der Wunsch, einem Familienmitglied oder einem besonderen Menschen zu helfen. Bei der Lebendorganspende ist das prinzipiell möglich, allerdings nur bei bestimmten Organen, unter strengen medizinischen Voraussetzungen und im Rahmen einer engen persönlichen Beziehung. Den genauen Ablauf einer Lebendorganspende erfahren Sie hier. 

Bei der postmortalen Spende hingegen steht die gesellschaftliche Verantwortung im Vordergrund. Die Organspende-Allokation basiert auf dem Prinzip, dass das gespendete Organ dem Allgemeinwohl dient. Eine individuelle Auswahlmöglichkeit könnte hier zu Ungleichbehandlung führen.

Kann ich erfahren, wer Spenderin oder Spender war?

Nein. Dadurch, dass die Organspende anonym erfolgt, können Empfängerinnen und Empfänger nicht erfahren, von wem sie das Organ erhalten haben. Sie dürfen aber – wenn sie möchten – anonym einen Dankesbrief verfassen, den die DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation) an die Angehörigen weiterleitet.

Diese Geste wird von vielen Familien als tröstlich empfunden. Umgekehrt erhalten die Angehörigen keine Informationen zur Person, die das Organ erhalten hat. Damit wird der Schutz beider Seiten sichergestellt. Die Angehörigen können jedoch erfragen, ob die Organtransplantation erfolgreich war.

Was hat die DSO mit der Allokation der Organspende zu tun?

Die DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation) spielt eine zentrale Rolle im Organspende-Prozess. Sie koordiniert die Entnahme der Organe, sichert die medizinische Qualität und betreut die Angehörigen. Die eigentliche Allokation für die Organspende übernimmt jedoch Eurotransplant, das für acht europäische Länder zuständig ist, darunter auch Deutschland. Die DSO übernimmt jedoch die Meldung eines Spenderorgans an Eurotransplant und auch den deutschlandweiten Transport von Spenderorganen. Die Zusammenarbeit zwischen DSO und Eurotransplant sorgt dafür, dass jedes verfügbare Organ überregional betrachtet und den am besten geeigneten Empfängerinnen und Empfängern zugeteilt wird.

Fazit: Allokation schafft Vertrauen und Fairness

Die Allokation der Organspende ist ein komplexes, aber genau geregeltes System. Sie sichert die gerechte, transparente und medizinisch sinnvolle Verteilung von Spenderorganen. Auch wenn der Wunsch, selbst über den Empfänger zu bestimmen, menschlich nachvollziehbar ist, steht der Schutz aller Beteiligten im Vordergrund. Da die Organspende anonym erfolgt, bleiben Spende und Empfang frei von Einfluss, Druck oder Überforderung. Das schafft Vertrauen in das System und Respekt vor dem letzten großen Akt der Solidarität: Leben zu retten.

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