Wer bekommt das Herz?

Für Herzerkrankungen stehen heute vielfältige Therapien zur Verfügung. Wenn alle Mittel ausgeschöpft sind und ein Herzversagen droht, wird eine Herztransplantation in Erwägung gezogen.
Kurz gefasst
  • Für Patientinnen und Patienten mit Herzversagen ist die Herztransplantation häufig die letzte Möglichkeit.
  • Es gibt einen Mangel an Spenderherzen: Mehr Betroffene warten auf eines, als durch postmortale Organspenden verfügbar sind.
  • Blutgruppe, Größe und Gewicht, Wartezeit, Konservierungszeit sowie die Dringlichkeitsstufe sind wichtige Kriterien, die über die Möglichkeit einer Herztransplantation entscheiden.
  • Zur Überbrückung werden häufig Kunstherzen eingesetzt, die für viele Betroffene allerdings zur Dauerlösung werden.
  • Die Suche nach einem passenden Organ und die Vergabeentscheidung läuft über die Stiftung Eurotransplant. 
Ein menschliches Herz befindet sich in einer Lösung in einem durchsichtigen Gefäß.

Lange Wartezeiten

Eine Herztransplantation ist nicht mal eben möglich – selbst wenn sie aufgrund von Herzversagen zwingend notwendig wäre. Denn es gibt mehr Personen, die ein neues Herz benötigen, als Spenderherzen, die zur Verfügung stehen. Die Wartezeit auf ein Spenderherz ist lang: Sie beträgt durchschnittlich ein halbes bis zwei Jahre. 2022 haben in Deutschland 700 Personen auf ein Herz gewartet. 358 Herztransplantationen konnten durchgeführt werden (2023 waren es 303). Viele Betroffene versterben leider, während sie auf ein Spenderherz warten.

Voraussetzungen für eine Herztransplantation

Haben Patientinnen und Patienten eine Herzschwäche (auch Herzversagen oder Herzinsuffizienz), welche medikamentös oder mit anderen medizinischen Eingriffen nicht mehr behandelt werden kann, kommen sie für eine Herztransplantation infrage. Um das Organ zu erhalten, müssen Patientinnen und Patienten auf der entsprechenden Warteliste stehen und bei Eurotransplant gemeldet sein. Wichtig, um in diese Datenbank aufgenommen zu werden, ist auch, wie die Ärztinnen und Ärzte die Erfolgsaussichten einer Herztransplantation einschätzen.

Ein Spenderherz wird vermittelt

Wie wir als Gesellschaft ein postmortales Spenderorgan an einen der vielen Menschen auf der Warteliste vermitteln, das ist eine ethische, medizinische und nicht zuletzt auch eine logistische Herausforderung. Im Fokus steht dabei, dass es hier um die Lebensqualität und oft auch um das Überleben eines Menschen, der ein Organ benötigt, geht. Wie wird aber ausgewählt, wer das Spenderherz bekommt?

Die Vermittlungsstelle Eurotransplant ist für die Vermittlung von Spenderorganen im ET-Verbund zuständig. Deutschland und sieben andere europäische Länder gehören dem ET-Verbund an. Steht ein Spenderherz erst einmal zur Verfügung, muss alles sehr schnell gehen.

1. Das Entnahmekrankenhaus meldet das Spenderherz mit allen wichtigen medizinischen Daten an Eurotransplant.

2. Jetzt ist Eurotransplant dafür verantwortlich, unter den Personen auf der Warteliste eine Empfängerin oder einen Empfänger für das Spenderherz zu ermitteln. Dieser Prozess wird auch Allokation genannt.

3. Damit die Allokation gerecht, nachvollziehbar und transparent ist, folgt Eurotransplant ganz genau festgelegten Kriterien für die Vermittlung des Spenderherzens.

Zwei rote gehäkelte Herz-Hälften liegen auf einem Boden. Sie sind mit einem Faden lose verbunden. Genau durch ihre Mitte geht ein Riss im Boden.

Eurotransplant sucht ein Match

Mit verschiedenen Kriterien ermittelt Eurotransplant unter allen Wartenden die Empfängerin oder den Empfänger für das Spenderherz. Dabei ist diese Reihenfolge der Wartenden nicht starr. Für jedes Spenderherz muss Eurotransplant die Ordnung der potenziellen Empfängerinnen und Empfängern neu ermitteln. Folgende Kriterien werden beachtet:

  • Dringlichkeit
  • Kompatibilität der Blutgruppe
  • Alter
  • Wartezeit
  • Immunisation (Aussage über Abstoßungsreaktionen)
  • Körpergröße
  • LänderbilanzLänderbilanz, also ein nationales Gleichgewicht beim Austausch von Organen zwischen den Ländern

Eine Reihenfolge ergibt sich

Zunächst teilt Eurotransplant die Wartenden in verschiedene Gruppen ein. Diese ergeben sich nach den verschiedenen Dringlichkeiten für eine Herztransplantation:

  • hohe Dringlichkeit: HU (high urgency)
  • Transplantation mehrerer Organe: ACO (approved combined Organ)
  • Transplantabel: T
  • aktuell nicht transplantabel: NT

HU-Patientinnen und -Patienten werden bei der Vergabe bevorzugt. Ihr Zustand ist akut lebensbedrohlich. Jugendliche und Kinder unter 16 Jahren, die sich stationär in Behandlung befinden, haben Vorrang vor den erwachsenen Patientinnen und Patienten mit HU-Status. Nach den HU-Patientinnen und -Patienten kommen Menschen, die mehrere Organe benötigen (außer der Niere). Das ist die Gruppe ACO. Personen mit dem Status T befinden sich in einem stabilen Zustand. Sie kommen nach den ACO-Patientinnen und -Patienten. Für alle diese Gruppen gilt: Personen, die eine Herz-Lungen-Transplantation benötigen, haben Vorrang vor all jenen, die nur ein Herz benötigen.

Der Zustand eines Menschen, der auf ein Spenderherz wartet, kann sich immer auch verschlechtern. Manchmal ist dann zeitweise keine Transplantation möglich. Sie werden der Gruppe NT, also nicht-transplantabel, zugeordnet. Bei HU-Patientinnen und -Patienten muss nach einer gewissen Zeit die hohe Dringlichkeit medizinisch bestätigt werden. Andernfalls verlieren diese Menschen den Dringlichkeitsstatus.

Weitere wichtige Faktoren im Transplantations-Prozess

Die Länderbilanz (auch country balance) wird zwischen zwei Ländern ermittelt. Sie gibt an, ob das Land der empfangenden Person in der Vergangenheit mehr oder weniger Spenderherzen aus dem Land der Spenderin oder des Spenders empfangen hat.

Ebenfalls relevant ist die Immunisation, welche medizinisch ermittelt wird. Dabei werden die sogenannten Panel-reaktiven Antikörper (kurz PRA) der Empfängerin oder des Empfängers bestimmt. Der PRA-Wert gibt einen Hinweis darauf, wie wahrscheinlich Abstoßungsreaktionen nach einer Transplantation sind.

Auch die Kompatibilität der Blutgruppe von spendender und empfangender Person wird berücksichtigt. Hinzukommen Informationen zum Alter und der Größe der betroffenen Person. Das Alter ist wichtig, denn Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren erhalten beispielsweise immer den HU-Status. Zuletzt wird darauf geachtet, wie lange die Person bereits auf der Warteliste steht.

Viele Kriterien haben also Einfluss darauf, für wen ein Spenderherz geeignet ist. Deshalb erstellt Eurotransplant für jedes Spenderherz eine eigene Reihenfolge der Patientinnen und Patienten auf der Warteliste.

Zu sehen ist eine Nahaufnahme von beigen Gräsern auf einem Feld. Zwei Gräser sind scharf, während alles um sie herum unscharf gestellt ist. Am oberen Rand scheint die Sonne ins Bild.

Ein Match ist gefunden

Eurotransplant nutzt die Parameter zur Vermittlung des Spenderherzens und kann mithilfe eines Algorithmus die passende Empfängerin oder den Empfänger ermitteln. Das Transplantationszentrum wird nun informiert und ihm wird das Spenderherz angeboten. Für die Entscheidung hat das Zentrumeine halbe Stunde Zeit. Ebenfalls ist es dafür verantwortlich, dass das Organ unverzüglich transplantiert wird. Das verhindert, dass das Spenderherz Schaden nimmt. Nachdem die Vermittlung abgeschlossen ist, wird der weitere Prozess einer Organspende anlaufen: von der Entnahme des Spenderherzens und des Transports über die Transplantation bis hin zur Nachsorge der Empfängerin oder des Empfängers.

 

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