Beratung zur Organspende: „Für Fragen und Sorgen nehmen wir uns Zeit“

Dr. med. Michael von Bezold ist hausärztlicher Internist in Hamburg. Zusammen mit einer Fachärztin für Allgemeinmedizin betreut er seine Patientinnen und Patienten in einer Gemeinschaftspraxis. Die Beratung zur Organspende gehört bei ihnen zum Alltag.
Kurz gefasst
  • Alle zwei Jahre können sich Patientinnen und Patienten in ihrer Hausarztpraxis zum Thema Organ- und Gewebespende aufklären lassen.
  • Dr. med. Michael von Bezold berichtet von der Bedeutung einer ergebnisoffenen Beratung in seinem Praxisalltag sowie häufig gestellten Fragen.

Organspende: Beratung im Praxisalltag

Team von Organspende - Die Entscheidung zählt: „Herr Dr. von Bezold, wo kommt die Organspende in Ihrem Praxisalltag vor?“

Dr. med. Michael von Bezold: „Das Thema tritt vor allem dann auf, wenn wir mit unseren Patientinnen und Patienten über Patientenverfügungen sprechen. Genauso kann es vorkommen, dass unsere Patientinnen und Patienten einen Organspendeausweis oder Informationen darüber erhalten haben und sich damit an uns wenden, um ihre Fragen zu besprechen. Und wir betreuen natürlich auch Menschen, die auf eine Organspende warten oder schon ein Organ übertragen bekommen haben. Gerade wir als Hausärzte betreuen sie sehr langfristig und kontinuierlich.“

Entscheidung zählt: „Mit dem Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft ist jetzt auch die ergebnisoffene Beratung zur Organ- und Gewebespende in den Hausarztpraxen verbunden. Was können Patientinnen und Patienten konkret bei Ihnen in Anspruch nehmen?“

von Bezold: „Die Patientinnen und Patienten werden weiterhin regelmäßig von den Krankenkassen mit Materialien aktiv über die Organspende informiert. Auch wir Hausärzte legen Infomaterial aus. Darüber sprechen wir mit unseren Patientinnen und Patienten vor allem im Rahmen von Gesundheitsuntersuchungen. Wir gehen aktiv auf sie zu, besprechen das Für und Wider einer Organspende und nehmen uns Zeit für ihre Fragen und Sorgen.“

Dr. Michael von Bezold hält einem Patienten eine Broschüre zur Organ- und Gewebespende aufgeklappt hin.

Wissen hilft, die persönliche Entscheidung zu treffen. Damit sich Menschen anhand fundierter Informationen für oder gegen eine Organ- oder Gewebespende nach dem Tod entscheiden können, bieten Hausaärztinnen und -ärzte eine ergebnisoffene Beratung an. Seit 1. März 2022 ist die Aufklärung zur Organspende in den EBM (Einheitlichen Bewertungsmaßstab) aufgenommen. Konkret bedeutet das, dass Ärztinnen und Ärzte ein solches Beratungsgespräch nach dem Transplantationsgesetz alle zwei Jahre abrechnen können.

Entscheidung zählt: „Was können die Patientinnen und Patienten von diesem neuen ergebnisoffenen Beratungsangebot erwarten?“

von Bezold: „Die Patientinnen und Patienten können erwarten, dass wir sie offen beraten und unvoreingenommen über das Thema reden. Was spricht für eine Organspende, was spricht dagegen? Sie können alle Fragen stellen, uns all ihre Ängste und Sorgen mitteilen. Wir gehen darauf ein, beantworten alles umfänglich und versuchen, die Ängste und Sorgen zu nehmen. Am Ende des Gesprächs gibt es keinen Entscheidungszwang. Die Patientinnen und Patienten können sich alles in Ruhe überlegen und sich die Bedenkzeit nehmen, die sie brauchen.“

Entscheidung zählt: „Welche Fragen und Sorgen begegnen Ihnen in den Gesprächen?“

von Bezold: „Die Patientinnen und Patienten fragen häufig, ob sie überhaupt geeignet sind als Organspenderinnen und Organspender oder ob sie vielleicht schon zu alt sind. Sie wollen den Unterschied zwischen Organ- und Gewebespende erklärt bekommen und wie genau eine Organspende abläuft. Häufig fragen sie auch nach den genauen Umständen der Hirntoddiagnostik.“

Dr. Michael von Bezold sitzt an einem Schreibtisch und ist in ein Gespräch mit einem Patienten vertieft. Er hält eine Organspende-Broschüre in der Hand und gestikuliert, während der Patient nur von hinten zu sehen ist.

Ängste und Sorgen nehmen

Entscheidung zählt: „Wie kann es gelingen, noch mehr Menschen zu motivieren, ihre eigene Entscheidung für oder gegen die Organspende zu dokumentieren? Was können Sie dazu als Hausarzt beitragen?“

von Bezold: „Es liegt natürlich vor allen Dingen an uns, dieses Thema fest in den Praxisablauf zu integrieren, zum Beispiel im Rahmen der zweijährlichen Besprechungen und Beratungen. Wir sprechen die Patientinnen und Patienten von uns aus aktiv an und versuchen, Ängste und Sorgen zu nehmen.“

Entscheidung zählt: „Was möchten Sie den Patientinnen und Patienten denn gern mitgeben, was das Thema Organspende betrifft?“

von Bezold: „Ich möchte sowohl den Patientinnen und Patienten als auch meinem Kollegenkreis gern mitgeben, dass es zu jeder Zeit sinnvoll ist, sich darüber Gedanken zu machen. Auch schon als jüngerer Mensch, nicht erst im höheren Alter. Das Thema sollte gemeinsam in der Familie und auch im Freundeskreis und mit Bekannten besprochen werden. Und vor allen Dingen: Die Patientinnen und Patienten können sich jederzeit mit ihren Sorgen und Ängsten an uns Hausärzte wenden.“

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