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Die Organspende im Islam

Kurz gefasst

Die Organ- und Gewebespende ist generell mit der islamischen Religion zu vereinbaren. Obwohl es zu dieser Einschätzung auch Gegenstimmen gibt, stehen viele internationale islamische Gutachterräte der Organspende positiv gegenüber. Auch in Deutschland befürworten viele Verbände, wie etwa der Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V., die Organ- und Gewebespende. Innerhalb der islamischen Lehre wird die Spende von Organen und Geweben als ein Akt der Nächstenliebe verstanden. Im Islam ist der Schutz des Lebens eines der religiösen Hauptziele. Wenn alle anderen medizinischen Bemühungen keinen Erfolg mehr versprechen, kann die Organ- und Gewebespende Leben retten und schützen.

Islamische Gutachterräte stehen der Organ- und Gewebespende positiv gegenüber

Generell ist die Organ- und Gewebespende mit der islamischen Lehre zu vereinbaren. Zu diesem Schluss kommen mehrere anerkannte internationale islamische Gutachterräte. In Deutschland stehen große Verbände, wie zum Beispiel der Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V. (ZMD) oder die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (DITIB), der Organ- und Gewebespende ebenfalls positiv gegenüber.

Es gibt jedoch auch einzelne muslimische Gelehrte, die Bedenken äußern oder die Spende von Organen und Geweben aufgrund religiöser Argumente ganz ablehnen.

In Notlagen und zum Schutz von Leben ist die Organ- und Gewebespende erlaubt

Aus islamischer Sicht nimmt der Mensch innerhalb aller Geschöpfe Gottes eine herausragende Stellung ein. Aufgrund seiner Würde und seines besonderen Wertes ist die Verwertung des menschlichen Körpers oder von Teilen des Körpers deshalb in normalen Situationen nicht zulässig.

In der Frage um die Organ- und Gewebespende ziehen die islamischen Gutachterräte das Prinzip der Darura (arabisch für Notwendigkeit) heran. Häufig wird dieses Prinzip beschrieben als: „Not kennt kein Verbot“.

Die Darura

Das Prinzip der Darura rechtfertigt das Übertreten fast aller religiösen Regeln in Zwangslagen. Dem Schutz des Lebens kommt hierbei eine besonders starke Bedeutung zu. Er gehört zu den Hauptzielen des Islam, die gerade durch dessen Lehren erreicht werden sollen. So dürfen muslimische Menschen etwa an sich verbotene Lebensmittel, wie Schweinefleisch, zu sich nehmen, um einen Hungertod abzuwenden. Auf die Darura stützen sich auch die islamischen Gutachterräte in der ethischen Einschätzung einer Organspende. Nach Sicht der Gutachterräte stellt die Organ- und Gewebespende in dieser Situation eine Notwendigkeit dar und ist dann erlaubt, wenn alle anderen medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Die Organspende ist ein Akt der Nächstenliebe

Aus islamischer Sicht kann die Organ- und Gewebespende als ein wichtiges Zeichen der menschlichen Solidarität verstanden werden. Dabei sollte dieser Akt aus einem Gefühl der Nächstenliebe heraus entstehen. Die Gutachterräte sprechen sich hierbei strikt gegen eine Organspende zu Handelszwecken aus. Aus islamischer Sichtweise sollte die Spende von Organen und Geweben an weitere ethische Voraussetzungen geknüpft sein:

  • Eine Spende von Organen oder Geweben muss absolut freiwillig geschehen. Bei einer postmortalen Organspende muss die Zustimmung der Spenderin oder des Spenders oder stellvertretend der Angehörigen vorliegen.
  • Der Erfolg der Transplantation sollte nach ärztlichem Ermessen gesichert sein.
  • Bei einer Lebendorganspende darf die spendende Person keinen gesundheitlichen Schaden nehmen, der das Leben verkürzt.
  • Die postmortale Organspende ist der Lebendorganspende vorzuziehen.
  • Nach einer postmortalen Organentnahme muss die Leiche unversehrt beerdigt werden.
  • Eine Spende reproduktiver Organe, Gewebe oder Zellen (wie Ovar, Hoden, Eier oder Spermien) ist nicht gestattet.

Bei einer postmortalen Organspende muss der Tod eindeutig festgestellt werden

Aus islamischer Sicht muss bei einer postmortalen Organspende die spendende Person eindeutig verstorben sein, da sie unter keinerlei Umständen ihr Leben für ein anderes opfern darf. Nach der internationalen Versammlung für islamisches Rechtswesen im Jahr 1986 gilt ein Mensch als verstorben, wenn:

  • der irreversiblen und ärztlich festgestellten Herz- und Atemstillstand vorliegt und
  • der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) ärztlich festgestellt wurde.

 

In Deutschland gilt rechtlich als eine Voraussetzung der postmortalen Organspende das Vorliegen des Hirntods bei der spendenden Person. Auch innerhalb des Islams ist die Entnahme von Organen zulässig nachdem der Tod über die Feststellung des Hirntods nachgewiesen wurde, auch wenn intensivmedizinische Maschinen Vitalfunktionen, wie Atmung und Herzschlag, noch aufrechterhalten. Das Gutachten der internationalen Versammlung für islamisches Rechtswesen fand dabei eine breite Akzeptanz in den islamischen Ländern und gilt vielfach als Grundsatz für dieses Thema.

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